Feinschneiden – Digitalisierung der Schmier- und Befettungstechnik als Einstieg in Industrie 4.0

Veröffentlicht in Raziol NEWS

Raziol Zibulla und Sohn GmbH bei Feintool Jena in der Produktion

 

Der Name Feintool ist unzertrennlich mit dem Begriff des Feinschneidens verbunden. Das Unternehmen gilt in der Branche schon seit Jahrzehnten als Trendsetter der verfeinerten Stanztechnik.

Zahlreiche Zulieferer der Automobil- und Elektrotechnik sowie der Medizintechnik setzen auf Feintool-Maschinen und –Anlagen für höchstpräzise Teile. Feintool selbst ist mit dem Geschäftsbereich Feintool System Parts AG an weltweit an mehreren Standorten als Produzent und Zulieferer von Feinschneidteilen aktiv. Für die Qualität der Teile sorgt unter anderem eine Befettungstechnologie von Raziol. Das ausgeklügelte System sichert permanent und kontrolliert hohe Werkzeugstandzeiten und die Präzision der Teile.

von Dietmar Kuhn

Beim Betreten einer von mehreren Fertigungshallen der Feintool System Parts GmbH in Jena stechen dem Betrachter sofort die zahlreichen Stahlcoils ins Auge. Das klicken und klacken der Stanzgeräusche ist Zeichen dafür, dass die Produktion auf Hochtouren läuft. Mehrere Feintool-Feinschneidpressen des Typs HFAplus stehen in einer Linie. Sie produzieren geschnittene und umgeformte Teile in höchster Qualität – sogenannte Feinschneidteile – die von der Maschine fertigfallend ihre Verwendung in Hightech-Komponenten insbesondere in der Automobilindustre, aber auch in der Elektroindustrie oder in der Medizintechnik und im Maschinenbau finden.

Feintool System Parts in Jena ist einer von mehreren Feintool-Standorten weltweit die hochpräzise Teile herstellen. Damit gilt Feintool System Parts vor allem als führender Automobilzulieferer für nahezu alle Premiummarken. Es gibt kaum ein bekanntes Fahrzeug in dessen Getriebe, in der Sitzmechanik oder in anderen Baugruppen nicht eines oder mehrere Feintool-Bauteile verbaut sind.

Ohnehin gilt das Feintool als Erfinder der Feinschneidtechnologie und als Technologieführer mit reichem Erfahrungsschatz und absolutem Qualitätsbewusstsein. Mit dem „normalen“ Stanzen ist das Feinschneiden vielleicht ähnlich, aber mit komplett anderem, ja viel höherem Anspruch. Während normal gestanzte Teile beispielsweise Trennflächen mit einem Glattschnitt- und einem Abrissanteil aufweisen, spannen beim Feinschneiden Ringzackenkraft und Gegenkraft den Werkstoff fest ein. Erst danach folgt die Schneidkraft. Dadurch entstehen im Vergleich zum Normalstanzen absolut saubere, rechtwinklige und ebene Teile. Feingeschnittene Teile sind nach dem Fertigungsprozess praktisch sofort einbaufertig. Somit eröffnet das Feinschneiden Möglichkeiten, Schneid- und Umformvorgänge in mehrstufigen Werkzeugen zu kombinieren und werkzeugfallend einbaufertige Teile mit nur einer Presse herzustellen. In der Serienproduktion entstehen so wirtschaftlich und technisch höchst anspruchsvolle Multifunktionsteile.

Ein Feinschneidteil zeichnet sich aufgrund der einriss- und abrissfreien Schnittflächen vor allem durch seine absolut hohe Präzision und höchsten Ebenheitswerte aus. Zudem ist seine Herstellung absolut wirtschaftlich, weil Umformoperationen und entgraten in ein und dem gleichen Prozess erfolgen können und so nur minimalste bis gar keine Nachbearbeitungsoperationen erforderlich sind.

Feintool System Parts in Jena deckt in Sachen Feinschneiden die gesamte Prozesskette ab. Diese beginnt bei der Kundenberatung und der Teilegestaltung über die optimale und spezifische Werkstoffwahl für das Feinschneidteil, einer wirtschaftlich und innovativen Werkzeugtechnik, die eigentliche Fertigungstechnik auf Feintool-Feinschneidpressen bis hin zur Schmierstofftechnik. In Jena beherrschen Unternehmensführung und hochmotivierte Mitarbeiter als Team die komplette Klaviatur des Feinschneidens.

Für die Feinschneidexperten in Jena gilt die Schmierstofftechnik als elementare Technologie für die Herstellung der Feinschneidteile und deren hohen Ansprüche an Qualität und Präzision. Gerade innovative Fertigungsverfahren. wie beispielsweise das Feinschneiden, verlangen mit Blick auf hohe Werkzeugstandzeiten und einen nahezu 100%igen ausschussfreien Produktionsoutput mit einem sicheren, kontrollierten und gleichbleibenden Fertigungsprozess nach einer optimalen Schmier- beziehungsweise Befettungstechnik. Erst die penible Abstimmung von Schmierstoffen, Werkstückwerkstoffen und Werkzeugen ist Garant für einen sicheren und wirtschaftlichen Fertigungsprozess. Feintool System Parts kennt diesbezüglich auch keinen anderen Anspruch. Das ist Grund genug bei der Auswahl von Lieferanten nur auf erste Adressen zu setzen. So entschied sich Feintool Jena in Sachen Befettungs- beziehungsweise Beölungstechnik auf die jahrzehntelange Erfahrung des Tribologiespezialisten Raziol Zibulla & Sohn aus dem sauerländischen Iserlohn.

Raziol selbst gilt in der Branche der Stanz- und Umformtechnik schon seit 75 Jahren als beste Adresse für eine optimale und sichere Schmiertechnik. Das Familienunternehmen entwickelt und produziert einerseits eine Vielzahl von leistungsstarken und teils auch kundenspezifischen Schmierstoffen, und andererseits aber auch die Applikationstechnik um Schmierstoffe exakt dosiert und zielgerichtet (sektoriell oder partiell) auf das Blech oder Band aufzubringen. Das Programm bietet praktisch für jeden Kunden und jede Anforderung eine passende Lösung.

Das ist auch bei Feintool so. Dort sind die zahlreichen Feinschneidpressen jeweils mit einer schmierstofftechnischen Komplettlösung ausgestattet. Im Mittelpunkt steht dabei das Raziol Sprühanlagensystem SKT-HFAplus 450/18-50-H3. Wobei die Zahl 450 für die maximale Befettungsbreite des Bandes steht, auf die drei unterschiedliche Medien entweder sektoriell oder partiell aufgebracht werden können.. Je nach Produkt beziehungsweise Band kann der Anwender mithilfe der Steuereinheit und quasi per Knopfdruck von einem Medium auf das andere umschalten.

Außerdem ergänzen die Raziol-Lösung eine Dosiersteuerung sowie Heizung und Medienversorgungseinheit. Letztere ist, bestehend aus drei 40 l fassenden Druckbehältern für drei verschiedene Ölsorten, direkt neben den Feinschneidpresse installiert. Derzeit werden die Druckbehälter noch von Hand befüllt. Im Rahmen einer weiteren Ausbaustufe geschieht die Befüllung künftig automatisch. Dabei werden die Medien aus, sich im Keller befindlichen, Druckvorratsbehältern über entsprechende Druckleitungen zu den Druckbehältern geleitet.

Für die sichere Versorgung der Befettung ist den Druckvorratsbehältern je ein Durchflussmengenmesser mit 820 Impulsen pro Liter nachgeschaltet. Diese Raziol Durchflussmess-Systeme ermöglichen eine Online-Überwachung, Regelung und Protokollierung des Verbrauchs von Umformschmierstoffen, die auf Platinen und Bandmaterial aufgetragen werden.

Die Anwendung der Raziol Durchflussmess-Systeme erfolgt autark oder eingebunden in ein Rollenbandöler- oder ein Sprühanlagenkonzept. Alle Durchflussmess-Systeme werden vor Verlassen des Werkes in Abhängigkeit der kundenseitigen Gegebenheiten, des gewünschten Messbereiches und der chemisch/physikalischen Eigenschaften kalibriert. Gleichzeitig bietet Raziol eine jährliche Wartung und, wenn erforderlich eine Neukalibrierung der Geräte an. Die Qualitätsüberwachung mit Raziol Durchflussmess-Systemen garantiert dem Anwender eine sichere und optimale Befettung der Produkte. Darüber hinaus sorgt die ebenfalls optimale Befettungsmenge für eine höhere Wirtschaftlichkeit bei den Befettungsmedien.

Bei Feintool System Parts in Jena ist ein Sprühanlagenkonzept im Einsatz. In der Premium-Version bietet es eine produktabhängige Speicherung der gewünschten Auftragsmenge im jeweiligen Befettungsbild. Die Raziol Steuerung überprüft den Durchfluss, überwacht den Füllstand und protokolliert diese Parameter.

Für Mario Krause und Kai Wiegand, die bei Feintool in Jena einerseits für die Prozessoptimierung von Feinschneidteilen und deren absolute Qualität bei hohem Output und andererseits auch für den Umweltschutz und die Wirtschaftlichkeit durch höhere Werkzeugstandzeiten verantwortlich sind, spielt das gesamte Sprühanlagenkonzept eine elementare Rolle.

Mithilfe des Tribologie-Spezialisten Raziol wollen Krause und Wiegand das System in in naher Zukunft in Industrie 4.0 überführen. Das bedeutet eine exakte Verbrauchsmengenüberwachung und Verbrauchsmengenerfassung, welche von einer automatischen Düsenprüfung und einem von Raziol entwickelten Düsen-Kalibrierungsprogramm unterstützt wird. Das gesamte System beziehungsweise die gesamte, dann vernetzte, Produktion soll dann über einen Leitstand programmiert, geregelt und überwacht werden. Dazu gehören eine, wenn erforderlich, vollautomatische Nachregelung der Schmierstoffmenge (g/m2) und ein Betriebstagebuch „Automatische Kalibrierungskontrollen“ für die Düsen inklusive der Auswertung im integrierten Steuerungs- und Anlagenkonzept. Davon erhofft man sich bei Feintool System Parts eine intelligentere und flexible Produktion. Die Raziol-Soft- und Hardwarelösungen geben dann alle relevanten Prozessdaten in Echtzeit wieder. Für Vergleiche unter den Fertigungsbedingungen werden alle Daten für die Historie gesammelt und aufbereitet und in entsprechenden Datensätzen verwaltet. Damit können Krause und Wiegand jederzeit auf einzeln Chargen, Werkstoffe, Befettungsmedien und den diesbezüglichen Produktionsverlauf zugreifen und eventuelle Änderungen vornehmen.

In ähnlicher Form ist der Artikel bereits erschienen:

MM Maschinenmarkt online vom 27.02.2017

Blechnet online vom 27.02.2017

 

Ein Blick in die Fertigung der Feintool System Parts GmbH in Jena:

 Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Produkte

Feintool System Parts gilt weltweit als führender Anwender der Feinschneidtechnik. Am Standort Jena werden jährlich viele Millionen höchstpräzise Teile für die Automobil- und Elektroindustrie, für die Medizintechnik und den Maschinenbau produziert. Bild: Kuhn

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Schaubild Schneidstempel

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Schneidstempel mit Führungsplatte

Der feine Unterschied: Normalgestanzte Teile a zeigen Trennflächen mit einem Glattschnitt- als auch mit einem Abrissanteil der die Teilebenheit einschränkt. Bei feingeschnittenen Teilen b spannen die Ringzackenkraft Fn und die Gegenhaltekraft FG den Werkstoff fest ein. Erst dann erfolgt die Schneidekraft FS. Dadurch entstehen saubere, rechtwinklige und absolut ebene Teile. Bilder: Feintool

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Jena Produktion

Blick in eine der Fertigungshallen mit den Feinschneidpressen Feintool-Schuler HFA 8800-Pressen (HFA = Hydraulische Feinschneidpresse), mit der Peripherie des Colihandlings. Bild: Kuhn 

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Produktion Coil

Die Coils, bis 400 mm Breite, werden auf einen verfahrbaren Ladewagen abgelegt und von hier aus der Abwickelhaspel zugeführt. Bild: Kuhn

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Produktion Schlaufenbrücke

Über eine Schlaufenbrücke wird das Band gleichmäßig über den Vorschub in die Presse zugeführt. Bild: Kuhn

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Produktion Richtanlage

Bevor der Feinschneidprozess beginnt, werden die Bänder durch eine integrierte Richtanlage geschleust. Bild: Kuhn

 

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Jena Medienversorgungseinheiten

Da in der Feinschneidpresse unterschiedliche Werkstoffe verarbeitet werden müssen auch unterschiedliche Medien beziehungsweise Schmierstoffe bereitstehen. Für drei verschiedene Medien ist deshalb auch die Befettungsanlage ausgelegt. Der Medienwechsel erfolgt dabei automatisch. Der Schmierstoffspezialist Raziol hat hierfür ein Komplettsystem an Feintool geliefert, das auch die Dosiersteuerung, eine Heizung sowie die Medienvesorgungseinheiten (gelbe Behälter) umfasst. Bild: Kuhn

 Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Jena Bedienpult Presse

Das Bedienpult an der Presse; hier ist beispielsweise auch die Anwahl des gewünschten Mediums – je nach zu stanzendem Produkt –aber auch andere produktionsrelevante Parameter gespeichert. In Hintergrund ein Blick in den Werkzeugraum. Bild: Kuhn

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Jena Werkzeugraum HFA Feinscheidpressen

Ein Blick in den Werkzeugraum der HFA Feinschneidpressen. Bild: Kuhn

 Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Jena Sprühkammer SKT

Blick in die Sprühkammer SKT von Raziol. Sie ist innerhalb des Komplettsystems mit Dosiersteuerung, Heizung und Medienversorungseinheit für drei Medien ausgelegt. Sie dient zum sektoriellen oder partiellen Beölen des Bandmaterials an den Feinschneidpressen HFA. Beispielsweise zur Reinigung und Wartung kann die Sprühkammer teleskopartig aus dem kundenseitig vorhandenen Beölungskasten herausgezogen werden. Bild: Kuhn

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Jena Sprühkammer SKT ausgefahren

Blick auf die herausgefahrene Sprühkammer; sie enthält alle zur Versorgung der Band-Befettung notwendigen Leitungen und Anschlüsse für das Medium, Luftdruck und Elektrik. Der in Kompaktform gestaltete Düsenbalken dient zur Aufnahme von 9 Düsen mit jeweils 50 mm Abstand für eine maximale Befettungsbreite von 450 mm. Die Düsen sind fest mit dem Düsenbalken verbaut – deshalb kommt das System ohne Schläuche aus. Bild: Kuhn

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Jena Kai Wiegand

Kai Wiegand, Lean Management bei Feintool, kennt sich mit der Feinschneidtechnik bestens aus. Er weiß genau, wo der Schuh drückt und kennt die Bedeutung der Befettungstechnik für die Qualität der Teile sowie für die Werkzeugstandzeiten. Mit Raziol ist er im Gespräch über Industrie 4.0 in der Schmiertechnik. Bild: Kuhn

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Jena Produkte Feinschneiden

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Jena Fertigungsteile

Raziol Zibulla und Sohn GmbH Feintool Jena Endprodukte Automobilindustrie

Diverse Teile die von Feintool in Feinschneidtechnik hergestellt werden. Sie zeigen nur eine minimale Zahl der tausendfachen Feintool-Produkte mit dem Schwerpunkt Automobilindustrie. Bilder: Feintool